LDL-Cholesterin: den Kampf aufnehmen
ERLIN. Das Erreichen der sehr niedrig angesetzten LDL-Zielwerte scheint bei Menschen mit Typ-2-Diabetes oft noch schwieriger als die Blutzuckerkontrolle. Es stehen zwar heute hochwirksame Medikamente zur Verfügung, die aber auch konsequent angewandt werden müssen.
Während heute 70 % der Patient*innen ihre Blutdruck- und 80 % ihre Blutzuckerzielwerte erreichen, sieht es bei LDL-Werten anders aus: Nur jede*r fünfte erreicht den Zielwert, sagte Dr. Ulrike Schatz von der Medizinischen Klinik III am Universitätsklinikum Dresden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Von ärztlicher Seite fehlt oft die Zeit oder es besteht die Sorge, das Budget zu sehr zu belasten. Aber auch vonseiten der Patient*innen bestehen häufig viele Ressentiments. Hier muss viel Aufklärungsarbeit geleitet werden, um z.B. die Angst vor Nebenwirkungen zu nehmen. Die Botschaft „Hohes Cholesterin tut nicht weh, bis es richtig weh tut“ sollte dabei im Mittelpunkt stehen, so Dr. Schatz. Und: Bei jeder Patient*in müsse unter Berücksichtigung der Komorbiditäten der individuelle Zielwert festgelegt werden und die Werte anschließend auch regelmäßig kontrolliert werden.
Statine als Goldstandard – und kombiniert noch wirksamer
In der Regel reicht die Lebensstilintervention zur Senkung des LDL-Cholesterins nicht aus – eine medikamentöse Therapie ist angezeigt. Statine sind nach wie vor der Goldstandard. Wird eine Senkung des LDL-Cholesterins über 50 % angestrebt, sollten hochpotente Statine wie Rosuvastatin (20 und 40 mg) und Atorvastatin (80 mg) eingesetzt werden. Da Atorvastatin, Simvastatin und Lovastatin über das gängige Enzymsystem CYP 3A4 abgebaut werden, sind viele Medikamenteninteraktionen zu beachten. Rosuvastatin hat eine besonders lange Halbwertzeit und kann daher auch morgens eingenommen werden.
Nicht immer reicht ein hochpotentes Statin aus, um den Zielwert zu erreichen – dann sollte zügig mit Ezetimib kombiniert werden, was mit einer weiteren LDL-Senkung um etwa 15 % zu Buche schlägt. Reicht auch das nicht aus, gibt es weitere Möglichkeiten. Kann der Zielwert aufgrund einer Statinunverträglichkeit nicht erreicht werden, gibt es seit Kurzem die Möglichkeit, Ezetimib stattdessen mit Bempedoinsäure zu kombinieren, die im Prinzip den gleichen Wirkmechanismus wie Statine aufweist. Durch diese Kombination lässt sich eine LDL-Senkung um etwa 40 % erreicht. Das Ansprechen auf Bempedoinsäure ist aber individuell sehr unterschiedlich; es muss immer ausgetestet werden. Inzwischen konnte bei Hochrisikopatienten mit Statinintoleranz für Bempedoinsäure auch eine Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte gezeigt werden.
Dreifachkombination mit PCSK9-Hemmer
Die stärkste LDL-Senkung um etwa 85 % lässt sich durch die Dreifachkombination von hochwirksamem Statin, Ezetimib und einem PCSK9-Inhibitor erreichen. In Deutschland stehen die monoklonalen Antikörper gegen PCSK9, Alirocumab und Evolocumab, zur zweiwöchentlichen oder monatlichen Gabe zur Verfügung. Außerdem kann PCSK9 über Inclisiran gehemmt werden, das über einen siRNA-Mechanismus wirkt und halbjährlich injiziert wird.
Bevor diese Medikamente eingesetzt werden, müssen die Patient*innen sehr gut dokumentiert über mindestens zwölf Monate maximal diätetisch und medikamentös behandelt worden sein. Zur medikamentösen Therapie gehören ausdosierte hochpotente Statine, Kombinationen mit Ezetimib, und nach einem ergänzenden GBA-Beschluss ggf. auch der Einsatz der Bempedoinsäure. Ließ sich damit das angestrebte LDL-Ziel nicht erreichen, gibt es zwei mögliche Indikationen für PCSK9-Hemmer: Eingesetzt werden kann es bei gesicherter familiärer Hypercholesterinämie und frühen kardiovaskulären Ereignissen bei Verwandten ersten Grades oder aber bei einer gesicherten eigenen kardiovaskulären Erkrankung mit mindestens einem weiteren kardiovaskulären Risikofaktor – z.B. Diabetes.
Maria Weiß
Diabetes Kongress 2023