»Die Sepsis auf dem Zettel haben«

Breit angelegte Kampagne soll das Problembewusstsein verbessern

Berlin. Rund 75 000 Menschen versterben in Deutschland pro Jahr an einer Sepsis. 15 000 bis 20 000 dieser Todesfälle wären vermeidbar, so wurde anlässlich der Mitte Februar gestarteten Kampagne „Deutschland erkennt Sepsis“ betont.

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Initiatoren der Kampagne sind das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS), die Sepsis-Stiftung, der Sepsisdialog der Universitätsmedizin Greifswald und die Deutsche Sepsis-Hilfe. Die vom Verband der Ersatzkassen unterstützte Aktion richtet sich mehrgleisig an Ärzte und medizinisches Personal sowie an die Bevölkerung. Aufklärungsmaterialien werden zur Verfügung gestellt.

Das Wissen um die Gefährlichkeit der Sepsis ist zu gering
Andere Länder hätten vorgemacht, wie es funktioniert, sagte Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des APS, bei der Online-Pressekonferenz anlässlich des Kampagnenstarts. Auch hierzulande habe es immer mal wieder Initiativen gegeben, ein qualitätsgesichertes Sepsismanagement durchzusetzen, aber flächendeckend wurde bislang wenig erreicht. „Deshalb“, so Dr. Hecker, „brauchen wir jetzt eine breit angelegte, konsequente Kampagne“.

Unter den Todesursachen rangiert die Sepsis auf Rang 3, nach kardiovaskulären und malignen Erkrankungen. Krankheiten, mit denen die meisten Menschen sofort eine Bedrohung assoziieren. Nicht so in puncto Sepsis. Das Wissen um die Gefährlichkeit der Sepsis in der Bevölkerung ist gering. Und auch das Problembewusstsein von Ärzten und Pflegepersonal könnte besser sein. Wichtig ist, die Sepsis überhaupt auf dem Zettel zu haben, so Dr. Matthias Gründling, Leiter des Sepsisdialogs, eines in Greifswald etablierten Modellprojekts. Arne Trumann von der Deutschen Sepsis-Hilfe schilderte bei der Pressekonferenz eindrücklich seine eigenen Erfahrungen: Als er wegen eines starken diffusen Krankheitsgefühls den Notarzt verständigte, sah dieser keinerlei Anlass zum Handeln. Trumann entwickelte daraufhin eine lebensbedrohliche Sepsis. Er hat überlebt, aber Nekrosen machten die Teilamputation mehrerer Finger erforderlich.

Trotzdem ist Trumann vergleichsweise glimpflich davongekommen. 30 % der Überlebenden werden pflegebedürftig. Häufig kommt es zu dauerhaften Nervenfunktionsstörungen. Das Symptomspektrum umfasst Einbußen der allgemeinen Belastbarkeit und der kognitiven Leistungsfähigkeit, Seh- und Sprachstörungen, Schwindel sowie chronische neuropathische Schmerzen. Tödliche Verläufe enden meist in einem Multiorganversagen, bei dem überschießende Immunreaktionen eine maßgebliche Rolle spielen.

Banale Infekte oder winzige Wunden als Auslöser
Keineswegs sind es immer schwere Infekte oder komplikationsträchtige Verletzungen, die eine Sepsis nach sich ziehen – auch das wird oft falsch eingeschätzt. Und es sind nicht etwa vorrangig Klinikpatienten betroffen. 80 % aller Sepsisfälle nehmen ihren Anfang außerhalb von Krankenhäusern, wobei ganz banale Infekte oder winzige Wunden der Ausgangspunkt sein können.

Eine Schwäche des Immunsystems kann dazu führen, dass sich Erreger, von einem lokalen Herd ausgehend, im gesamten Körper verbreiten. Das kann sehr schnell gehen, weshalb bei Verdacht auf eine Sepsis eine umgehende Klinikeinweisung erfolgen muss.

Ulrike Viegener

Weitere Informationen unter: www.deutschland-erkennt-sepsis.de

Was beim Sepsismanagement von Diabetespatienten zu beachten ist, erklärt Professor Dr. Juris Meier aus Bochum im Interview auf Seite 22-23 der diabetes zeitung 03/2021.