„In Sachen Prävention ist Deutschland noch immer ein Entwicklungsland. Während zahlreiche andere Staaten in Europa im Kampf gegen Fehlernährung bei Kindern- und Jugendlichen die Lebensmittelwirtschaft in die Pflicht nehmen, setzt die Bundesregierung weiterhin auf freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie und auf Programme für Ernährungsbildung. Das ist ein Skandal. Es ist dringend an der Zeit, dass die Politik die Kindergesundheit besser schützt“, erklärte Dr. med. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).
Laut dem Robert-Koch-Institut gelten 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen von drei bis 17 Jahren als übergewichtig oder adipös. Im Vergleich zu den 1980er- und 1990er-Jahren hat der Anteil übergewichtiger Kinder damit um 50 Prozent zugenommen, der Anteil adipöser Kinder hat sich sogar verdoppelt. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich bei Erwachsenen, wo heute 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen als übergewichtig oder adipös gelten. Besorgniserregend sind auch die Zahlen der Diabetes-Erkrankungen. In Deutschland leben derzeit 6,7 Millionen Menschen mit Diabetes – eine Steigerung um etwa 38 Prozent seit Beginn des Jahrtausends, altersbereinigt etwa 24 Prozent. Eine unausgewogene Ernährung, die häufig bereits im Kindesalter erlernt wird, ist einer der Gründe für diese besorgniserregende Entwicklung.
„Die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen: Eine aktive medizinische Community ist entscheidend, um die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen. Ärzteschaft, Fachverbände und Zivilgesellschaft müssen die Kräfte bündeln und klarmachen: Ohne das entscheidende Eingreifen der Politik können wir die Adipositas- und Diabetes-Epidemie nicht stoppen. Deshalb rufen wir alle Ärztinnen und Ärzte auf, den offenen Brief an die Politik zu unterzeichnen“, sagte der Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Prof. Dr. med. Dirk Müller-Wieland.
Freiwillige Vereinbarungen mit der Lebensmittelindustrie seien ein Irrweg, so die Organisationen. Das zeigten die bislang wirkungslose Selbstverpflichtung von Herstellern, die an Kinder gerichtete Werbung einzuschränken sowie das Verhalten von Wirtschaftsakteuren in der Plattform für Ernährung und Bewegung. Der zu erwartende Effekt der von der Bundesregierung geplanten und auf Freiwilligkeit basierenden Strategie zur Reduktion von Zucker, Fett und Salz in Lebensmitteln sei deshalb gering.
„Die gesunde Wahl muss die einfache Wahl für uns Verbraucher werden“, forderte Oliver Huizinga, Leiter Recherche & Kampagnen von foodwatch. „Wir brauchen ein Zusammenspiel an verbindlichen Maßnahmen: Eine verbraucherfreundliche Nährwert-Kennzeichnung, Beschränkungen der an Kinder gerichteten Werbung, Mindestanforderungen für Schul- und Kitaessen sowie steuerliche Anreize für die Lebensmittel-Industrie, endlich gesündere Produkte anzubieten.“
Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit mehr als 9.000 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.
Kontakt für Journalisten:
Pressestelle DDG
Kerstin Ullrich
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-641, Fax: 0711 8931-167
ullrich@medizinkommunikation.org
Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)
Geschäftsstelle
Albrechtstraße 9, 10117 Berlin
Tel.: 030 3116937-0, Fax: 030 3116937-20
info@ddg.info
www.ddg.info