Die Kritik der DDG an der geplanten „Nationalen Strategie für die Reduktion von Zucker, Fetten und Salz in Fertigprodukten“, wie der Entwurf des BMEL überschrieben ist, setzt an mehreren Punkten an. So fokussieren die Pläne von Minister Christian Schmidt vor allem eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft, Produktrezepturen neu zu formulieren und auf diese Weise die Gehalte an Zucker, Fett und Salz zu reduzieren. Dazu schreibt die DDG: „Es fehlen jedoch hierzu verbindliche Regeln, wie das kontrolliert und im Falle von Missachtung auch sanktioniert werden soll.“ Die Erfahrungen mit Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, stellt die DDG weiter fest, hätten in der Vergangenheit eher enttäuschende Ergebnisse erbracht. Beispielsweise sei der EU Pledge, also die freiwillige Selbstverpflichtung, keine Werbung für Nahrungsmittel und Getränke an Kinder unter zwölf Jahren in TV, Print sowie dem Internet zu richten, wirkungslos geblieben.
Ähnliches gelte für freiwillige Angebote zur Gesundheitsförderung. Zahlreiche Initiativen wie das „Nationale Gesundheitsziel ‚Diabetes Typ 2 – Erkrankungsrisiko senken‘“, die zwischen 2003 und 2016 ins Leben gerufen worden sind, wären ins Leere gelaufen, schreibt die DDG weiter. Dies zeige sich an dem steten Fortschreiten der Nichtübertragbaren Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Herzkreislaufleiden. „Der Grund ist, dass wir mit den Angeboten zur Gesundheitsförderung vor allem die ohnehin Gesundheitsbewussten erreichen, während die nicht so gesundheitsbewussten ärmeren und bildungsfernen Schichten, die überproportional von den Lebensstilkrankheiten betroffen sind, damit nicht erreicht werden“, stellt Dr. Dietrich Garlichs fest, Beauftragter des DDG Vorstands. Studien belegen, dass die wirtschaftlich Schwächsten zwanzig Prozent der Gesellschaft etwa zehn Jahre kürzer als die wirtschaftlich Stärksten leben. Ärmere und bildungsferne Schichten sind drei Mal so häufig von Übergewicht und Adipositas betroffen.
Die DDG fordert in ihrer Stellungnahme an das BMEL daher, wirksame Maßnahmen verbindlich zu verankern. „Diese werden im vorliegenden Textentwurf jedoch nur eingeschränkt als mögliche Absichtserklärungen formuliert“, kritisiert Garlichs. „Dadurch wird der klar formulierte Willen zur konsequenten Umsetzung nachhaltiger Maßnahmen verwässert.“ Die DDG setzt sich für folgende Maßnahmen ein:
- Steuersenkung für gesunde Lebensmittel mit geringer Energiedichte und geringem Gehalt an Zucker, Fetten und/oder Salz;
- Steuererhörung für energiedichte Lebensmittel mit hohem, über den Empfehlungen liegendem Gehalt an Zucker, Fetten und/oder Salz;
- ein Verbot für die Werbung ungesunder Lebensmittel und Getränke an Kinder;
- eine verpflichtende Kennzeichnung aller Lebensmittel durch ein für alle Bevölkerungsgruppen leicht verständliches, den Gehalt an Zucker, Fett, Salz und Energie klar kennzeichnendes (Ampel-)System.
„Nur durch Hinzunahme dieser Maßnahmen wird es uns gelingen, die Adipositaswelle und andere nichtübertragbare Krankheiten wie Herz/Kreislauferkrankungen, Diabetes und verschiedene Krebserkrankungen zu stoppen“, schreibt die DDG in ihrer Stellungnahme an das BMEL.
Mit Verwunderung hat die DDG in diesem Zusammenhang die Äußerungen des Spitzenverbandes der Lebensmittelwirtschaft, des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., zum BMEL-Entwurf zur Kenntnis genommen. „Was wir verlieren sind nicht Kilos, sondern Kulturgüter. Die Pläne des Ministers bedeuten das Aus für traditionelle 'Berliner' zu Karneval oder die Salzbrezel im Biergarten", schreibt der BLL. „Das ist fast comedyreif“, meint Garlichs. „Hier geht es nicht um Kulturgüter, sondern um das hohe Gut der Gesundheit.“
Der BMEL-Entwurf „Nationale Strategie für die Reduktion von Zucker, Fetten und Salz in Fertigprodukten“ soll im Juli ins Kabinett eingebracht werden.