„In Deutschland gibt es bisher lediglich bei Krebserkrankungen die gesetzliche Vorgabe, dass Krankheitsverläufe und deren Behandlung flächendeckend erfasst und zentral in einer Langzeitauswertung zusammengeführt werden müssen“, sagt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Past Präsident und Pressesprecher der DDG. „Wir benötigen solch ein zentrales Register mit Patientendaten jedoch auch dringend für Diabetes-Erkrankungen.“ Nur so könnten regionale Unterschiede in der Versorgung aufgezeigt werden. Außerdem schaffe eine breite Datenbasis die Grundlage dafür, validierte und detailliertere Erkenntnisse über die Langzeitwirkung von Therapien in der breiten Anwendung zu gewinnen. „Mithilfe eines Patientenregisters können wir beispielsweise auswerten, wie hilfreich Therapien mit bestimmten Medikamenten sind – und welche Wirkungen nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Patientenschulungen, die Stoffwechselselbstkontrolle und begleitende Lebensstiländerungen haben“, so Gallwitz. Auf Basis solcher Erkenntnisse kann die Patientenversorgung gezielt verbessert werden. Ein solches Vorgehen würde letztlich auch das Gesundheitssystem entlasten.
Die DDG will den Aufbau eines nationalen Diabetesregisters tatkräftig unterstützen. Die Kommission „Versorgungsforschung und Register“ der Fachgesellschaft hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, entsprechende medizinische und wissenschaftliche Standards zu definieren. Die Experten haben auch die fortschreitende Digitalisierung im Blick und sehen darin eine Chance für eine verbesserte Versorgung. „Qualitativ hochwertige Diabetes-Apps, Wearables und digitale Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung können die herkömmliche Diagnostik und Therapie sinnvoll ergänzen und wichtige Patientendaten liefern“, meint Gallwitz. „Sie entlasten Mediziner und geben ihnen mehr Zeit für den direkten Austausch mit ihren Patienten.“ Wichtige Voraussetzungen im Umgang mit den digitalen Anwendungen sind unter anderem, dass Vorgaben zum Schutz der persönlichen Daten eingehalten werden, IT-Kenntnisse bei den Beteiligten ausreichend vorhanden sind und die Systeme untereinander sinnvoll und leicht kombinierbar sind.
Das nationale Diabetesregister soll – nach den Vorstellungen der DDG – ein zentraler Baustein in einem „Nationalen Diabetesplan“ zur Verbesserung der medizinischen Versorgung sein. Weitere zentrale Ansatzpunkte darin sind beispielsweise die Forderung nach einer adäquaten Medizinerausbildung und -weiterbildung sowie nach einer flächendeckenden Patientenversorgung durch niedergelassene Allgemein- und Fachärzte. Zudem sieht der Plan den Einsatz moderner Medikamente und eine angemessene Behandlung und Pflege im Krankenhaus vor. In diesem Zusammenhang fordern die Experten auch, den Beruf des Diabetes-Beraters staatlich anzuerkennen. „Wenn die Politik jetzt aktiv wird und die vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzt, kann das Sterberisiko von Diabetes-Patienten stark reduziert und ihre Lebenserwartung und -qualität eindeutig verbessert werden“, resümiert Gallwitz.
Wie Erkenntnisse über die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes gewonnen werden können und welche Bedeutung die Grundlagenforschung für die Verbesserung der Behandlung hat, darüber informieren Experten ebenfalls auf der DDG-Jahrespressekonferenz am 27. Februar in Berlin. Das vorläufige Programm zur Pressekonferenz folgt in Kürze.
Quellen:
- Jacobs E, Hoyer A, Brinks R, Kuss O, Rathmann W: Burden of mortality attributable to diagnosed diabetes: a nationwide analysis based on claims data from 65 million people in Germany. Diabetes Care. 2017; 40: 1703-9
- Jacobs E, Rathmann W: Epidemiologie des Diabetes in Deutschland. In: Kröger J, Müller-Wieland D (Hrsg.): Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2018 - Die Bestandsaufnahme. Mainz: Kirchheim Vlg. 2017; 9-22
- Müller-Wieland D, Ickrath M. Rahmenpapier für einen Code of Conduct Digital Health der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zur digitalen Transformation. August 2017. www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/Redakteur/Ueber_uns/Code_of_Conduct_der_DDG_Digital_Health_19092017.pdf