Die Zahl von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 nimmt in Deutschland zu, derzeit erkranken jedes Jahr etwa 3000 Betroffene unter 18 Jahren neu an der Stoffwechselstörung. Bei ihnen muss der Blutzuckerspiegel mehrmals täglich kontrolliert und durch die Verabreichung von Insulin angepasst werden. „Steht die Aufnahme der Kinder in Kita und Schule an, zeigen Betreuer und Lehrer verständlicherweise häufig Unsicherheiten oder auch Ängste vor möglichen Gesundheitsschäden“, erklärt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der DDG. „Diese Bedenken lassen sich aber oft mit einer zweistündigen Schulung ausräumen, die den Betreuern die Grundlagen zur Blutzuckermessung, Insulinanpassung und frühzeitiges Erkennen von Unterzuckerungen vermittelt“, ergänzt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe. Schulungen für Erzieher und Lehrer kann diabetologisches Fachpersonal erteilen, beispielsweise Diabetesberaterinnen oder Ärzte.
Das Problem: Bisher existiert keine bundesweit einheitliche Regelung zur Durchführung und Finanzierung dieser Schulung. Damit hängt die Erstschulung von unberechenbaren Zufallsfaktoren ab, wie eine Erhebung der AG Inklusion der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie (AGPD) der DDG zeigt. Die Experten befragten 66 Kliniken und Schwerpunktpraxen in ganz Deutschland, unter welchen Umständen sie Erstschulungen erbringen. Ergebnis: In knapp 80 Prozent der Fälle im Bereich Kita und 70 Prozent der Fälle im Bereich Schule ermöglichten Spenden, Ehrenamt oder eine Querfinanzierung von Geldern innerhalb der Diabeteseinrichtung die Schulungen. „Das bedeutet, dass die Schulungen von privatem Engagement und von Zugeständnissen der kaufmännischen Entscheidungsträger abhängig sind“, berichtet Privatdozent Dr. med. Thomas Michael Kapellen von der AG Inklusion. „Damit haben Faktoren wie kommunale Strukturen oder auch Kommunikationsfähigkeit der Eltern starken Einfluss.“ Letztlich müssten die Schulungen immer wieder mühsam neu in Verhandlungen ausgefochten werden.
Aus Sicht der Diabetesexperten sind diese Umstände nicht akzeptabel. Sie fordern deshalb eine bundeseinheitliche Regelung zur Finanzierung der Leistung. „Wir begrüßen eine entsprechende Bundesratsinitiative aus dem vergangenen September, die eine klare gesetzliche Regelung empfiehlt“, sagt Dr. med. Jutta Wendenburg von der AG Inklusion. „Das ist enorm wichtig, denn von der erfolgreichen Aufnahme der Kinder in Kita und Schule hängt ja nicht nur deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ab.“ Die Sicherstellung einer angemessenen Hilfe entscheide auch darüber, ob und inwieweit Eltern weiter erwerbstätig bleiben können oder ob die Betreuung des an Diabetes erkrankten Kindes zur Hauptaufgabe wird. „Wir fordern daher, dass es eine gesetzliche, einheitliche und flächendeckende Kostenübernahme für die Betreuer-Schulungen gibt, entweder durch die Gesetzliche Krankenversicherung oder die Schulträger beziehungsweise die Träger der Kita“, erklärt Dr. med. Ralph Ziegler, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Diabetologie.
Weitere Informationen, darunter auch eine Liste DDG-zertifizierter Schulungseinrichtungen