Entlastung für Insulinanalogon

Erhöhtes Brustkrebsrisiko durch Langzeitnutzung nicht bestätigt

Silver Spring. In einigen Studien wurde eine Assoziation zwischen Insulin glargin und einem erhöhten Brustkrebsrisiko hergestellt. Dieser Zusammenhang ergab sich jedoch nicht in einer groß angelegten, retrospektiven Studie bei älteren Patientinnen. Verglichen wurde die Behandlung mit Insulin glargin, NPH-Insulin und Insulin detemir.

Könnte Insulin glargin potenziell karzinogen sein und das Tumorwachstum fördern? Die Datenlage ist nicht einheitlich: So war in einer früheren Studie bei Diabetespatienten ein erhöhtes Brustkrebsrisiko unter einer mehr als zweijährigen Medikation mit Insulin glargin im Vergleich zu NPH-Insulin demonstriert worden. Andere Untersuchungen wiederum kamen zu dem Ergebnis, dass das Insulinanalogon das Tumorwachstum nicht beeinflusst.

Retrospektive Analyse mit über 200 000 Patientinnen
Um die Frage, ob die langfristige Gabe von Insulin glargin tatsächlich das Brustkrebsrisiko erhöht, endgültig zu klären, analysierten US-amerikanische Wissenschaftler um Dr. Marie C. Bradley von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) Daten von Medicare, einer öffentlichen und bundesstaatlichen Krankenversicherung der USA. Sie extrahierten die Daten von weiblichen Versicherungsnehmern im Alter von 65 Jahren und älter, die erstmals entweder Insulin glargin oder detemir oder NPH-Insulin erhielten und bei denen zuvor keine Krebsdiagnose gestellt worden war.

203 159 Patientinnen wurden mit Insulin glargin, 67 012 mit Insulin detemir und 47 388 mit NPHInsulin behandelt. Der mediane Beobachtungszeitraum lag bei jeweils 2,9 Jahren, 2,48 Jahren und 2,32 Jahren. Während der Nachbeobachtungszeit, die maximal 10,7 Jahre andauerte, wurden 6267 Brustkrebsdiagnosen gestellt, davon:

  •     4170 (66 %) unter Frauen mit Insulin glargin,
  •     864 (14 %) mit NPH-Insulin und
  •     1233 (20 %) mit Insulin detemir. 

Die rohen Brustkrebsinzidenzraten pro 1000 Personenjahre ähnelten sich zwischen den verschiedenen Kohorten und reichten von 6,02 bis 6,20. Insulin glargin war im Vergleich zu NPH-Insulin nicht mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko assoziiert (HR 0,97; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,88–1,06). Das galt ebenso für den Vergleich mit Insulin detemir (HR 0,98; 95 %-KI 0,92–1,05), schreiben die Autoren.

Kein Einfluss durch Therapiedauer oder Dosis
Auch als die Forscher nach Dauer der Behandlung, Länge der Nachbeobachtungszeit oder kumulativen Insulindosen stratifizierten, änderte sich nichts an den Ergebnissen. Weiterhin gab es keine Unterschiede zwischen mittleren und hohen Insulin-glargin-Dosen verglichen mit einer niedrigen Dosierung. Eine längere Behandlung von fünf Jahren oder mehr hatte ebenfalls keinen Einfluss auf das Brustkrebsrisiko. Selbst bei Frauen mit der längsten Nachbeobachtungszeit (≥ 5 Jahre) und der höchsten kumulativen Insulin-glargin-Dosierung (≥ 60 000 Units) war das Risiko im Vergleich zu NPH-Insulin (HR 0,99; 95%-KI 0,63–1,57) und Insulin detemir (HR 0,89; 95%- KI 0,65–1,21) nicht erhöht.

Patientinnen, die mit Insulin glargin behandelt werden, haben im Vergleich zu denjenigen mit NPH oder Insulin-detemir-Medikation kein erhöhtes Brustkrebsrisiko, so das Fazit der Autoren.

Dr. Miriam Sonnet

Bradley MC et al. Diabetes Care. 2020; 43: 785-792