Herzensprojekte fest im Blick

Professor Dr. Peter Schwarz ist der zukünftige Präsident der IDF

BRÜSSEL.  Mit Professor Dr. Peter Schwarz ist im Dezember 2022 erstmals ein Deutscher zum nächsten Präsidenten der International Diabetes Federation (IDF) gewählt worden. Die ­verbleibenden zwei Jahre bis zum Beginn seiner Amtszeit will der Diabetesforscher vom Paul-Langerhans-Institut Dresden (PLID) nutzen, um Herzensprojekte anzuschieben.
 

Prof. Dr. med. Peter Schwarz/privat

Ein zentrales Anliegen ist es ihm, für Menschen mit Diabetes in aller Welt den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten wie Insulin zu erleichtern. „Wenn wir in Deutschland jammern, dann immer auf sehr hohem Niveau. Aber anderswo sterben Kinder, weil ihre Eltern sich das Insulin nicht leisten können. Und so lange das so ist, haben wir unsere Aufgabe nicht erfüllt“, erklärt der frisch gewählte President-Elect, der in der Amtszeit 2024/2025 auf Prof. Akhtar Hussain von der Universität Oslo folgen wird.

Um einen besseren Überblick über den Status quo zu bekommen, möchte Prof. Dr. Schwarz einen jährlichen Diabetes-Survey ins Leben rufen, an dem sich Menschen mit Diabetes und ihre Ärzt*innen aus möglichst vielen Ländern beteiligen. „Ich stelle mir vor, dass die erhobenen Daten dann jeweils zum Weltdiabetestag veröffentlicht und allen engagierten Ärzten und Patientenvertretern zur Verfügung gestellt werden, damit sie ihre jeweiligen Regierungen zum Handeln antreiben können“, erzählt der Diabetesforscher und ergänzt: „Bei HIV hat das bereits gut funktioniert. Da haben Patientenorganisationen entsprechende Daten erhoben und ihren Regierungen vorgelegt.“
Daneben steht die Digitalisierung ganz oben auf Prof. Schwarz’ Agenda, die hierzulande erst relativ spät vorangetrieben wurde – auch wenn Deutschland mit der Entwicklung von DiGA inzwischen Vorreiter ist. In den Ländern des globalen Südens hat die Digitalisierung aber noch einen ganz anderen Stellenwert. 

Diabetesversorgung in Pakistan: anders, aber gut
„In afrikanischen Staaten ist die medizinische Versorgung zwar schlechter als bei uns, doch die IT-Infrastruktur ist häufig besser – und fast alle Menschen nutzen ein Smartphone.“ Als Mitgründer einer Diabetes-App in Ruanda weiß Prof. Schwarz, dass es manchmal die ganz einfachen Dinge sehr wirksam sind. „Wir waren noch nie so nah dran an unseren Patienten wie jetzt, wo bei jedem ein Smartphone in der Hosentasche steckt.“ Für diese Menschen sind „Digiceuticals“ – digitale Hilfsmittel, die ein ähnlich großes Potenzial zur Verbesserung von Gesundheit haben wie Arzneimittel – eine Möglichkeit, ihren Diabetes zu behandeln. „In Karachi zum Beispiel leben 22 Millionen Menschen, doch es gibt nur eine einzige Diabetesklinik. Und in ganz Pakistan arbeiten nicht mehr als 120 Diabetesberater“, so Prof.  Schwarz, der gerade aus Pakistan zurückgekehrt ist. „Doch auch dort gibt es eine gute Diabetesversorgung – auch wenn sie anders aussieht als bei uns.“ 

Ebendiese Vielfalt der Versorgungssysteme und die Perspektive internationaler Kolleg*innen kennenzulernen, macht für ihn den besonderen Reiz der Arbeit für die IDF aus. „In Pakistan etwa hat der Ministerpräsident das Ziel ausgegeben, dass in 20 Jahren niemand mehr seinen Typ-2-Diabetes mit Insulin behandeln muss“, erzählt Prof. Schwarz, „das ist ein ganz starkes Statement in Richtung Prävention! Eine Welt ohne Typ-2-Diabetes ist ein nicht komplett unrealistisches Ziel, dafür will ich mich gern ebenfalls einsetzen.“

So arbeitet die IDF
Sitz der International Diabetes Federation (IDF) ist Brüssel. Hier arbeitet ein 20-köpfiges Team daran, die Ziele des amtierenden Vorstands umzusetzen. Konkrete Projekte realisiert die IDF über ihre sieben großen Regionalgesellschaften. Globale Partner sind u.a. die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Vereinten Nationen und die Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (NCD Alliance).

Antje Thiel