Kein Geld für erfolgreiches Modellprojekt

Brandenburger Schulen bangen um ihre Gesundheitsfachkräfte

Berlin/Potsdam. Große Enttäuschung brachte für viele Betroffene die Information, dass für 2022 keine Gelder mehr für das Modellprojekt zu Schulgesundheitsfachkräften im Landeshaushalt verfügbar sein sollen. Die DDG sieht eine falsche Entscheidung zur falschen Zeit. Sie drängt die Politik zu handeln.

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Der Präsident der DDG, Professor Dr. Andreas Neu, fordert die Verhandlerinnen und Verhandler des Koalitionsvertrages der künftigen Bundesregierung auf, sich für einen „GesundheitsPakt Schule“ stark zu machen. „Nehmen Sie die Lebenswelt Schule ins Präventionsgesetz mit auf“, schreibt er in Brandenburg in einem Offenen Brief. Er verweist dabei an die Erfolge des seit 2017 laufenden Brandenburger Projekts, einst initiiert vom AWO-Bezirksverband Potsdam. Wie in vielen skandinavischen und angloamerikanischen Ländern hätten auch in Brandenburg Schulgesundheitsfachkräfte die Bildungs- und Gesundheitsbiografien chronisch kranker Kinder, etwa mit Diabetes mellitus Typ 1, verbessert und deren Inklusion gefördert, so Prof. Neu. „Diese spezialisierten Pflegekräfte entlasten damit auch die Lehrkräfte sowie die Eltern chronisch kranker Kinder, die zum Teil dadurch wieder ihrem Beruf nachgehen können.“

Für den DDG Präsidenten ist unverständlich, dass die Förderung des Modellprojektes eingestellt werden soll, trotz ausnahmslos positiver Ergebnisse der Evaluation. Die Fakten liegen bereits seit Jahresbeginn vor. So ist es im Rahmen des Modellprojektes zu weniger Unfällen und Rettungswageneinsätzen an Schulen gekommen sowie zu geringeren Behandlungskosten. Für Kinder mit Diabetes Typ 1 führt die persönliche Unterstützung durch Schulgesundheitsfachkräfte zu einer verbesserten Glukoseeinstellung, zu weniger Notfallsituationen, weniger Fehlzeiten. „Das Modellprojekt in Brandenburg ist ein voller Erfolg für alle Beteiligten“, betont auch Swantje Kersten, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe, DBfK Nordost. Schulgesundheitspflege sollte ein selbstverständlicher Teil des öffentlichen Gesundheitsdienstes werden.

Noch einmal Druck machen mit einer Petition an den Landtag
Für das Land Brandenburg würde ein Ausrollen des Projektes 28 Millionen Euro kosten, argumentiert die CDU-Fraktion im Land. Darum ginge es jetzt doch gar nicht, kritisiert Projektleiterin Gudrun Braksch. Es gehe erst einmal um die weitere Förderung der 18 Schulgesundheitsfachkräfte und um rund 800.000 Euro für 2022. Sie habe „noch einen Funken Hoffnung“, dass sich das Blatt noch wende. Noch sei der Haushalt nicht beschlossen.

Florian Szonn von den Cottbusser Linken macht mit einer an den Landtag gerichteten Petition „Schulgesundheitsfachkräfte an Brandenburger Schulen erhalten und verstetigen!“ Druck. 8.700 Unterstützer sind nötig. Er verweist auf bisher mehr als 5.000 Unterschriften, zahlreiche ­Schreiben von Kliniken, Ärztinnen und Ärzten, Kreiselternräten sowie Bundesverbänden pro Projekt. Dies sollte ein Weckruf für die regierende rot-schwarz-grüne Koalition im Landtag sein. Es sollten endlich Perspektiven für die Schulbildung und die berufliche Sicherheit durch unbefristete Arbeitsverhältnisse für die Schulgesundheitsfachkräfte geschaffen werden, indem das Projekt zu einem festen Teil des Schulalltags gemacht werde.

In Brandenburg an der Havel gibt es zwei der Modellschulen. Hier wird laut AWO Potsdam nach Wegen gesucht, die Stellen über den Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst zu finanzieren. Der Bund stelle schließlich hierfür bis zum Jahr 2026 für das Land Brandenburg insgesamt 94 Millionen Euro bereit. In einem ähnlichen Projekt in Hessen seien die Schulgesundheitsfachkräfte von Anfang an bei den Schulämtern angestellt worden, berichtet Braksch.

Prof. Neu ist überzeugt, dass bundesweit an jede Grundschule eine Schulgesundheitsfachkraft gehört. Nur so gelinge es, Kinder und Jugendliche mit ihren vielschichtigen gesundheitlichen Bedürfnissen zu betreuen – seien es Krankheiten, Sucht oder Missbrauch. Davon profitierten nicht nur Kinder, Eltern und Lehrer, sondern es sei auch volkswirtschaftlich sinnvoll.

Cornelia Kolbeck

schulgesundheitsfachkraft.de