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Internationale Leitlinien zur diabetischen Nephropathie weitgehend einig

Arlington. Wer beim evidenzbasierten Management der diabetischen Nephropathie auf dem Laufenden bleiben möchte, ist mit den Leitlinien von EASD und ADA gut bedient. Noch differenziertere, weil auf die Niere fokussierte Empfehlungen bietet KDIGO.

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Mit ihren neuesten Leitlinien-Updates haben alle Fachgesellschaften den Wechsel von der glukozentrischen zur individualisierten, risikoadaptierten Perspektive mit Fokus auf kardiorenale Risiken vollzogen, berichtete Professor Dr. John­ Buse­, University of North Carolina. Damit stimmen die internationalen Leitlinien zum Management des Typ-2-Diabetes in weiten Teilen überein.

„SMART“ sollen die Therapieziele sein, die das Behandlungsteam gemeinsam mit den Patienten feststeckt. „Die Betroffenen enden oft mit einem sehr komplexen Medikationsplan“, räumte Prof. Buse ein. Adhärenz und Persistenz zu erhalten und zugleich die regelmäßige Anpassung der Therapieziele und der Medikation im Blick zu behalten, sei kritisch. Das gilt für die diabetesbedingte chronische Niereninsuffizienz (CKD) ebenso wie für das Gesamtmanagement des Diabetes. Den größten nachgewiesenen Benefit bei CKD mit/ohne manifester kardiovaskulärer Erkrankung sehen die Leitlinienautoren bei SGLT2-Hemmern, die sie für Menschen mit Typ-2-Diabetes und Nierenschaden als erste Wahl einstufen.1,2 Sie sollen unabhängig von Ausgangs-HbA1c und Vortherapie mit Metformin allen Patienten mit diabetischem Nierenschaden angeboten werden.

Bei Unverträglichkeit oder Kontraindikation dienen GLP1-Rezeptor­agonisten (GLP1-RA) als Alternative. Bei beiden Medikamentenklassen sind Wirkstoffe zu bevorzugen, die ihren kardiorenalen Nutzen in qualitativ hochwertigen Endpunktstudien nachgewiesen haben. Die American Diabetes Association (ADA) differenziert in ihrem Leitlinien-Update aus diesem Jahr noch weiter.3 Zuerst sollen bei manifestem Nierenschaden – geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) von unter 60 ml/min (Albuminurie) – SGLT2-Hemmer zum Zuge kommen. Genannt werden Cana­gliflozin und Dapa­gliflozin, die ihren nephroprotektiven Effekt in CKD-Studien gezeigt haben. Als nächstes plädieren die Autoren für Inhibitoren, deren Nierenschutz man in kardiovaskulären Endpunktstudien nachweisen konnte. An dritter Stelle kommen GLP1-RA. Bei eingeschränkter eGFR ohne Albuminurie und erhöhtem kardiovaskulären Risiko rangieren SGLT2-Hemmer oder GLP1-RA mit nachgewiesenem Herz- und Gefäßschutz gleichwertig in der ersten Therapielinie.

Auf die Nieren sollen Behandelnde auch bei der Auswahl der antihypertensiven Medikation achten. ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptorblocker bilden die Basis, bei hohen Ausgangswerten über 160/100 mmHg kombiniert mit einem Kalziumant­a­gonisten oder einem Diuretikum. Therapieziel ist, den Druck unter 140/90 mmHg zu senken, falls möglich und toleriert auch gerne noch niedriger. Serumkreatinin und Kalium sollten gemonitort werden. „Ein Kreatininanstieg um weniger als 30 % ist kein Grund, den RAS-Blocker abzusetzen, sofern keine Volumendepletion vorliegt“, räumte Prof. Buse ein.

Die KDIGO präzisiert: Der Kreatininspiegel sollte zwei bis vier Wochen nach Therapiestart oder Dosissteigerung mit einem RAS-Blocker bestimmt und die Behandlung fortgesetzt werden, solange es nicht zu einem Kreatininanstieg von mehr als 30 % innerhalb von vier Wochen kommt.4

Abseits der antiglykämischen und antihypertensiven Therapie haben die Experten der ADA noch einige allgemeine Ratschläge für Menschen mit diabetischer CKD parat. Sie sollten sich gegen Pneumokokken impfen lassen, und zwar mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff, der eine solidere Immunität erzeugt als die Polysaccharidvakzine. Eine proteinarme Diät mit weniger als 0,8 g pro kgKG pro Tag wird nicht mehr empfohlen, weil dies keinen Effekt auf Blutzuckereinstellung, kardiovaskuläre Endpunkte und die Progression des Nierenschadens hat, allerdings das Risiko einer Mangel­ernährung erhöht. Und – Patienten sollen sich bewegen! Moderates bis hochintensives aerobes Training verbessert auch bei CKD die kardiovaskuläre Prognose. Zwar kann die Albuminausscheidung bei Belastung akut ansteigen, „es gibt aber keinen Hinweis, dass sich hierdurch die Progression der CKD beschleunigt“, erklärte Prof. Buse.

Manuela Arand

1. Davies MJ et al. Diabetes Care 2018; 41: 2669-2701; doi: 10.2337/dci18-0033
2. Buse JB et al. Diabetes Care 2020; 43: 487-493; doi: 10.2337/dci19-0066
3. Diabetes Care 2021; 44 (Suppl. 1): 15-33; doi: 10.2337/dc21-S002
4. Kidney Int 2020; 98 (Suppl. 4S): 1-115; doi:10.1016/j.kint.2020.06.019

81st Scientific Sessions der American Diabetes Association (ADA)