„Spezialisierte diabetologische Praxen und Zentren sind unverzichtbar“

Gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion fordert, auch regionale Leistungen in Versorgungsplanung zu integrieren

BERLIN.  Im Zuge der jüngsten Reformen fürchtet die Diabetologie um ihre Existenz und um eine hochwertige, spezialisierte Versorgung. Simone Borchardt, gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus Mecklenburg Vorpommern und Gesundheitsökonomin, setzt auf regionale und digitale Versorgungsmodelle sowie interdisziplinäre Kooperationen, bei der Diabetesprävention auf die Zuckersteuer.

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Die Diabetologie ist weiter in Sorge, dass spezialisierte diabetologische Versorgungsangebote wie Schwerpunktpraxen oder stationäre Zentren für Menschen mit Diabetes im Zuge der Krankenhaus- und Gesundheitsstrukturreform geschwächt werden. Wie lassen sich aus Ihrer Sicht diese Versorgungsstrukturen erhalten bzw. stärken?

Simone Borchardt: Spezialisierte diabetologische Praxen und Zentren sind für viele Patientinnen unverzichtbar. Sie sichern eine hohe Versorgungsqualität und entlasten zugleich die Grundversorgung. Diese Strukturen müssen auch im Zuge der Reformen berücksichtigt werden. Wichtig ist, dass ihre Leistungen im regionalen Bedarf anerkannt, in die Versorgungsplanung integriert und auskömmlich finanziert bleiben. Kooperationen zwischen Kliniken, Schwerpunktpraxen und Hausärztinnen können dabei helfen, die Kontinuität der Behandlung zu sichern.

Mit welchen konkreten Maßnahmen lässt sich die Versorgung von Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes nachhaltig verbessern - insbesondere im Hinblick auf den Ausbau spezialisierter Versorgungsangebote, die Förderung interdisziplinärer Zusammenarbeit und eine bessere Diabetesversorgung auf dem Land?

Borchardt: Eine nachhaltige Verbesserung gelingt nur durch Zusammenarbeit. Interdisziplinäre Teams, in denen Medizin, Pflege, Ernährungsberatung und Psychologie Hand in Hand arbeiten, sind entscheidend. Gerade in ländlichen Regionen müssen digitale Lösungen und neue Versorgungsmodelle stärker genutzt werden. Disease-Management-Programme sollten weiterentwickelt und praxisnah gestaltet werden. Ziel ist eine wohnortnahe, gut abgestimmte Versorgung, die den individuellen Bedürfnissen gerecht wird.

Wie sollten die Präventionsgelder der Krankenkassen effektiver für die Diabetesprävention eingesetzt werden - z.B. zur Ernährungs- und Bewegungsförderung in den Schulen, und für wie hilfreich halten Sie regulatorische Instrumente wie eine Zuckersteuer?

Borchardt: Die Präventionsmittel der Krankenkassen sollten gezielter dort eingesetzt werden, wo sie die größte Wirkung entfalten - vor allem bei Kindern und Jugendlichen, in Kitas, Schulen und Betrieben. Ernährungsbildung und Bewegungsförderung brauchen verlässliche Strukturen und eine langfristige Finanzierung.

Eine mögliche Idee wäre die Einführung einer Abgabe auf zuckerhaltige Lebensmittel. Die daraus erzielten Einnahmen könnten in den Gesundheitsfonds fließen, um gezielt Programme zur Gesundheitsförderung und Prävention, insbesondere im Bereich Ernährung und Bewegung, zu finanzieren. Regulatorische Maßnahmen wie eine Zuckerabgabe könnten ein wirksames Instrument sein, wenn sie Teil eines umfassenden, wissenschaftlich begleiteten Präventionskonzepts sind. Entscheidend wäre jedoch, dass sie fair, transparent und sozial ausgewogen gestaltet werden.

Interview: Angela Monecke