Schritt für Schritt

Mit verbindlichen Absprachen und regelmäßigem Feedback zu mehr Bewegung

Berlin. Körperliche Aktivität sollte ein essenzieller Bestandteil der Diabetestherapie sein, darin sind sich alle einig. Aber wie schafft man es, auch bisher inaktive, adipöse Menschen mit Diabetes für Bewegung zu begeistern und langfristig „bei der Stange“ zu halten? Sportmediziner kennen da ein paar Tricks.

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Verschaffen Sie sich zunächst einen Eindruck, wie aktiv oder inaktiv Ihr Patient bisher ist. „Lassen Sie ihn mit einem Schrittzähler oder einer Smartphone-App ein paar Tage lang aufzeichnen, wie viele Schritte er täglich geht. So erheben Sie den Status quo und kennen die Ausgangssituation“, erklärte Sportmediziner und Sportkardiologe Professor Dr. Martin­ Halle vom Klinikum rechts der Isar der TU München.

Auf dieser Basis entwerfen Sie gemeinsam konkrete Trainingspläne – am besten für jeden Tag der Woche. Anfangs reicht es, wenn der Patient seine Sportschuhe anzieht und täglich wenige Minuten locker walkt. So kommt er in den Rhythmus und gewöhnt sich an Bewegung. Dauer und Intensität des Trainings werden dann von Woche zu Woche langsam gesteigert.

Ein „Rezept für Bewegung“ schweißt zusammen
Wichtig sind Verbindlichkeit und regelmäßiges Feedback. Prof. Halle spricht mit seinen Patienten das Bewegungsprogramm ab („Worauf wollen wir uns festlegen?“) und stellt dann ihnen dann ein Rezept für Bewegung aus, das sie gemeinsam unterschreiben. Gleichzeitig erhalten sie schriftliche Tipps für mehr Bewegung im Alltag und den nächsten Termin in der Ambulanz.

Wenn ein Patient auch von einem Bewegungs- und einem Ernährungsspezialisten betreut wird, ist es wichtig, dass der Behandelnde den Patienten persönlich „weitergibt“ und das gesamte Behandlungsteam eng zusammenarbeitet.

Trainingspensum von Woche zu Woche steigern
„Wählen Sie die Barrieren für das Aktivitätsprogramm Ihrer Patienten niedrig. Mit einer täglichen Ausdauerbelastung von zehn Minuten lässt sich schon eine gute Wirkung für die Gesundheit erzielen“, betonte der Sportmediziner. In der ersten Woche sollte dieser sich zunächst mit einem ganz kurzen täglichen Training warmlaufen („Train the Brain“ – der Kopf soll sich an die Bewegungsziele gewöhnen). In den Wochen 2 und 3 empfiehlt Prof. Halle ein kontinuierliches, niedrig intensives Ausdauertraining über 5–10 Minuten pro Tag. In den Wochen 4–6 soll dieses Trainingspensum auf 10–20 Minuten gesteigert werden, einen Pausentag darf es ebenfalls geben. Ab Woche 7 steht dann abwechselnd Ausdauertraining von 10–15 Minuten oder 20 Minuten Intervalltraining auf dem Plan, wobei zwei Pausentage pro Woche erlaubt sind.

„Vorteilhaft ist es, wenn Sie Ihren Patienten nicht nur mündlich erklären, wie und warum sie trainieren sollten, sondern wenn Sie ihm auch schriftliches Informationsmaterial für die Lektüre zu Hause mitgeben.“ Training ist essenziell für metabolisch kranke Personen, fasste Prof. Halle zusammen. Körperliche Aktivität bessert die Stoffwechselsituation und die kardiale Mikrozirkulation. Zudem steigert sie die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität.

Dr. Andrea Wülker

Diabetes Herbsttagung 2020